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Heiligkreuz-Kapelle 

An der Stelle, wo sich heute die Kapelle befindet, stand bereits eine um 1671 gebaute kleine Feldkapelle. Diese war, gemäss Robert Durrer, mit einem kleinen Glöcklein versehen.

Am 01. Mai 1789 beschlossen die Bergleute, die baufällig gewordene Kapelle abzubrechen und eine neue zu erstellen. Vikar Anton Maria Flühler las in der alten Kapelle die letzte heilige Messe und übertrug den Kreuzpartikel in die Pfarrkirche.

 

Beim Neubau der Kapelle half die ganze Bevölkerung mit. Die Frauen schafften aus dem nahen Bach Sand herbei, während die Männer die nötigen Steine auf den Bauplatz brachten. Aus alten Überlieferungen ist sogar zu entnehmen, woher die Steine stammten:

 

"Die meisten hole man ab dem Reketen-Egg,
etliche vom vorderen Sonnwil und Burch und
die beiden langen Steine zum Fundament ab dem Lehmatttrog."

 

Selbst die Regierung vergab an den Bau "40 Stöhr Holz aus dem oberikeitlichen Brennwald".

Am 10. September 1791 konnte die neue Kapelle benediziert werden und anderntags brachte eine feierliche Prozession den hochverehrten Kreuzpartikel wieder in die Kapelle zurück.

Am 15. Oktober 1795, an dessen Vormittag, wurde der Altar der Heiligkreuz-Kapelle zu Ehren des hl. Kreuzes, des hl. Apostels Johannes, des hl. Bischofs Niklaus von Myra (Samichlais), des hl. Abtes Antonius und des hl. Bekenners Wendelin geweiht. Für den Kapellbesuch am Jahrestag der Einweihung wurde ein Ablass von vierzig Tagen gewährt. Dem Ortspfarrer soll es gestattet sein, den Jahrestag der Einweihung mit Oktav zu feiern. Die Weihung war kostenlos, denn die Auslagen für Verköstigung seiner Exzellenz und dessen Begleitung kamen schon auf fast 200 Gulden, hoch genug für die "teure Zeit".

Am 21. Mai 1935 wurde der Totentanz in die Heiligkreuz-Kapelle transportiert, nachdem er 1934 aus dem alten Beinhaus ausgebaut und von Kunstmaler Wilhelm Mernsinger-Beat in Beckenried restauriert, verdübelt und verleimt wurde. In den "Geschichtlichen Erinnerungen der Pfarrei und der St. Jakobs- und Theresienkirche Emmetten" von Pfarrer Franz-Xaver Gabriel aus dem Jahre 1938 sind Einzelheiten über die Restaurierung zu erfahren.

Am Sonntag, 07. Mai 2000 konnte die Heiligkreuzkapelle, nach längerer Renovation, durch Pfarradministrator Paul Schuler feierlich eingesegnet werden.

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1.Einsegnung

Nun strahlt sie auch innen im neuen Glanz

Nun auch innen renoviert

Nachdem bereits vor einigen Jahren bereits das Dach und die Aussenwände der Heiligkreuz-Kapelle erneuert wurden, konnte jetzt auch die Innenrennovation abgeschlossen werden.

Festliche Einsegnung

Am Sonntag, 7. Mai 2000, hat der Kirchenrat zu einem festlichen Dankgottesdienst mit Einsegnung durch Pfarradministrator Paul Schuler in die neu renovierte Heiligkreuz-Kapelle eingeladen. Anschliessend wurde ein Apéro offeriert, und die Kunsthistorikerin Regula Odermatt-Bürgi, Stans, erläuterte das Totentanz-Gemälde.

(aus: Nidwaldner Wochenblatt / Donnerstag, 4. Mai 2000)

2. Votivtafeln

(aus: Nidwaldner Kalender aus dem Jahre 1991)

Unzählige Votivtafeln zieren die Heiligkreuz-Kapelle

Fast unscheinbar steht in Emmetten an der Strasse vom Sagendorf zum Brennwald die Heiligkreuz-Kapelle, welche zu den bedeutendsten Beherbergungsstätten von Votivbildern des Kantons Nidwalden zählt.

Werke von Franz Joseph Murer

Franz Joseph Murer wurde im Jahre 1746 in Beckenried geboren und starb unverheiratet 1805. Der Beckenrieder wird heute als der bedeutendste Schüler von Johann Melchior Wyrsch eingestuft.

 

Wie alle Murer-Werke, so tragen auch jene in der Heiligkreuz-Kapelle keine Signaturen, so können sie ihm anhand der Stilmerkmale und der Datierungen mit Bestimmtheit zugeschrieben werden. Die Schüler von Johann Melchior Wyrsch brachten das Votiv-Bild als Volkskunst zur höchsten Blüte. So hat auch Franz Joseph Murer unzählige Votiv-Bilder gemalt. Einige sind in der Heiligkreuz-Kapelle anzutreffen.

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Der Franzosenüberfall von Murer

Auch heute noch hängen an der Rückwand des Schiffes der Heiligkreuz-Kapelle Votivbilder, wobei das älteste mit 1754 datiert ist. Einige Tafeln sind älter als die heute 210-jährige Kapelle und wurden mit grösster Sicherheit von der alten Feldkapelle übertragen.

 

Auf Grund der Votivtafeln kann auch darauf geschlossen werden, dass die Wallfahrt zur Heiligkreuz-Kapelle gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dann wieder zwischen 1820 und 1860 sehr lebhaft gewesen sein muss. Die Hauptanliegen, die die Gläubigen jeweils zur Heiligkreuz-Kapelle führten, waren auf Grund der Votiv-Bilder Krankheiten des Kopfes.

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Als merkwürdigste Episode aus dem Franzosenüberfall von 1798 umschreibt Robert Durrer die Darstellung der Errettung eines an einen Pfahl gebundenen Mannes, auf den französische Soldaten ihre Gewehre anlegten.

 

Auf Grund des Votiv-Bildes darf jedoch angenommen werden, dass der Mann aus äusserster Gefahr gerettet worden ist. Die Geschichte zum Votiv-Bild sagt weiter, dass es sich bei diesem gefesselten Mann um einen Ennetbürger Landmann gehandelt haben muss, der von den Franzosen gefangen genommen wurde. Ein sogenannter Helvetier, er soll aus dem Kanton Luzern gestammt sein, habe bei den Franzosen für den Landmann aus Nidwalden ein gutes Wort eingelegt. Gemalt wurde dieses sehr eindrückliche Bild ebenfalls von Franz Joseph Murer.

Emmetter Totentanz

Wie lang sich der einmal geprägte Topos des Totentanzes gerade in ländlich abgeschiedenen, katholischen Gegenden halten konnte, zeigt das Beispiel von Emmetten.


Analog der Darstellung der ländlichen Bevölkerung im Totentanz wird auch hier dokumentiert, wie sich die einfachen Leute um oder kurz nach 1700 kleideten, wie sie lebten und arbeiteten.

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Einzelne Landesvertreter zeichnen sich durch Porträtzüge aus, um die Vergänglichkeit, das dem Tode-Verfallensein nicht in einem abstrakten Raum zu dozieren, sondern mit dem Hier und Jetzt zu verknüpfen.

 

Der Totentanz, der sich heute in der Heiligkreuz-Kapelle befindet, ist weder signiert noch datiert.

Er wurde um 1710 für das damals neu errichtete Beinhaus geschaffen. Ursprünglich hing der Totentanz an der Giebelseite über den schwarz gestrichenen Holzgestellen, die in jedem Fach einen einzelnen Schädel enthielten und so der barocken Forderung nach Individualisierung noch im Tode entgegenkamen. Die gitterartig wirkende Konstruktion mit den aufgereihten Totenköpfen hat wohl optisch mit der Unterteilung des Totentanzes korrespondiert.

Das Beinhaus Emmetten gehörte wie andere Innerschweizer Ossuarien zum zweitürigen Typus. Es bildete so das Torhaus zum heiligen Bezirk, durch das jeder Kirchgänger oder Friedhofbesucher schreiten musste.


Glücklicherweise wurde das Gemälde 1932 beim Abbruch von Kirche und Beinhaus gerettet und auf Veranlassung von Pfarrer Franz Xaver Gabriel durch den Beckenrieder Kunstmaler Willy Mernsinger renoviert.

 

Vergleiche des heutigen Zustandes mit einer Abbildung von der Restauration zeigen, dass die ergänzten Stellen sich ziemlich genau an die Vorlage des Originals halten.


Als Auftraggeber kommen die Emmetter Pfarrherren Carl Tanner, der 1679 den Pfarrhof errichten liess, oder Johann Peter Hegglin in Frage, der sich durch Gelehrsamkeit und Frömmigkeit auszeichnete.


Mit dem Totentanz in Emmetten haben wir es nicht mit einem Fresko zu tun, sondern mit einem Tafelbild, Öl auf Holz. Es besteht aus einzelnen Brettern, auf die Leisten genagelt sind. Unten weist es eine Breite von 4.72 m auf, oben endet es in einem Rundbogen. Die 23 fast quadratischen Felder sind in vier Reihen übereinander angeordnet und durch rote Borten gerahmt. Unter den Bildern läuft ein heller Streifen mit den vierzeiligen Inschriften durch.    

Frauen im Spiegel der Totentänze

(aus: Totesreigen - Totentanz vom Raeber Verlag, Luzern)

Es sind zwei Dinge, die die Präsenz der Frauen in Totentanz-Darstellungen erklärbar machen:
Im mittelalterlichen Theologie- und Kunstverständnis wird die Frau mit dem Tod verknüpft; einerseits in der Vorstellung Evas als erste Frau und Sünderin, die durch den Sündenfall und die Verführung Adams den Tod in die Welt brachte, und andererseits durch die Symbolik des weiblichen Körpers, der in seiner Schönheit zugleich Sinnbild der Vergänglichkeit alles Irdischen ist.

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Frauen waren in der mittelalterlichen Gesellschaft in besonderem Masse vom Tod betroffen. Die Säuglingssterblichkeit war zu dieser Zeit sehr hoch; viele Frauen starben im Kindbett; und es waren vor allem Frauen, denen im Mittelalter Rituale rund um Krankenpflege, Tod und Totenkult übertragen wurden. In dieser Funktion erlangten sie auch eine eigene soziale Stellung, die ihre selbstständige Darstellung auf Totentänzen erklärbar macht.

Wenn wir nun nach der Wirkung solcher Bilder von Frauen im Zusammenhang mit dem Tod fragen, geraten wir in den Bereich, in dem theologisches Wissen und Alltagserfahrungen aufeinander treffen. Beide unterscheiden sich je nach Standeszugehörigkeit und religiöser Vorbildung. Sicher ist, dass die Wirkung der Bilder eine doppelte sein musste.

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Zum einen erkannten sich Frauen in der Darstellung von Eva als Sünderin, die den Tod verursachte; zum anderen fanden sie sich aber auch in den verschiedenen Frauen wieder, die in ihren sozialen Rollen und in der Erfüllung bestimmter Aufgaben dargestellt waren. Dieser doppelte Blick oder diese doppelte Rolle ist typisch für das Selbstverständnis von Frauen, wie es zahlreiche Untersuchungen in unserem Jahrhundert belegen.
Es ist deshalb erstaunlich, dass diese Gespaltenheit der Frauen bereits in solchen frühen Darstellungen wie den Totentänzen erscheint, da sie ja die Bedingungen des Lebens in der mittelalterlichen Gesellschaft widerspiegeln.

Mittelalterliche Totentänze

(Text und Bilder aus: Todesreigen-Totentanz vom Raeber Verlag Luzern)

Sterben, Tod und Vergänglichkeit sind Begriffe, die heute eher verdrängt und gemieden werden. In der Barockzeit legten Kirche und Obrigkeit Wert darauf, den Gedanken an Begrenztheit, Tod und Vergänglichkeit immer wieder in Erinnerung zu rufen.

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Eindrückliche Bilder führten den Menschen diese Tatsachen beim Gang über den Friedhof und im Beinhaus immer wieder vor Augen. Die höhere Sterblichkeit durch Krankheit, Unfall und Seuchen trug ebenfalls dazu bei.

 

Der barocke Mensch hatte den Gegensatz zwischen dem aktiven Leben, zwischen Schönheit, Kraft und Macht und der Aussicht auf Tod und Sterben ständig auszuhalten. Der bildliche Totentanz erlebte im 15. und frühen 16. Jahrhundert die grösste Verbreitung, die höchste Wertschätzung und die qualitätsvollste künstlerische Gestaltung.

Das Motiv war besonders an Friedhofsmauern, an Wänden von Beinhäusern und Kirchen sehr beliebt. Auffallend ist der betonte Öffentlichkeitscharakter fast aller Totentänze, so wie im Mittelalter das Sterben und der Tod keine Angelegenheiten privater Natur waren.

 

Neben der bildlichen Darstellung gab es auch die literarische Form des Totentanzes. Man versteht darunter Totentanz-Texte, meistens in Versform, die sich in mittelalterlichen Handschriften und frühen Druckwerken (meistens ohne Bilder) erhalten haben. Sie mögen inspirierend für szenische Aufführungen oder für die darstellende Kunst gewirkt haben.

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Sagen um die Kapelle

Der Hexenstein vom Tschäderibach

(aus: Sagen und Gebräuche aus Unterwalden von Franz Niderberger)

Schwenkt man rechts beim Schulhause von der Strasse, die nach Seelisberg führt, ab und folgt dem ziemlich steilen Strässchen, das im Zickzack zu den weit ausgedehnten Emmetter-Alpen führt, dann kommt man in das halbstundlange enge Kohltal.

 

Seiner ganzen Länge nach durchfliesst dieses Tal der sogenannte Steini- oder auch Tschäderibach, der bei Risleten in den Vierwaldstättersee einmündet.

 

Dem Kohltal entlang ziehen sich kleine Berggüter hin, meist mit rauchgeschwärzten Häuschen, die aber nur im Sommer während dem Heuet und im Winter während dem Hirten bewohnt werden.

 

Ungefähr mitten im Tälchen liegt auf ebener Wiese ein loser Stein, nicht ganz in der Grösse eines dieser schwarzen Berghäuschen. Das ist der Hexenstein von Emmetten.

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Ursprünglich war dieser Stein hoch oben auf der Alp Oberbauen. Die frommen Emmetter erbauten unten im Tale nahe dem Tschäderibach eine Kapelle, die Heiligkreuz-Kapelle.

 

Als das kleine Heiligtum erbaut und fleissig besucht wurde und das Glöcklein seinen friedlich-feierlichen Ave-Ruf durchs Tal und bis in die Berge hinauf verkündete, da wurden die Hexen, die oben in den Höhlen und Felsen wohnten, erweckt und erschreckt.

 

Sie erbosten über die Menschen, die ihre Ruhe immer mehr störten. Mit Ingrimm sahen sie die Andacht und Verehrung der Heiligkreuz-Kapelle und so beschlossen sie, die Kapelle vom Erdboden zu vertilgen.

Der nahe Bach, der sich dort durch eine tiefe Schlucht hindurch gegraben hatte, sollte ihnen dazu willkommene Dienste leisten. Die Hexen beschlossen, Steine herbei zu tragen, den Bach so weit zu stauen, dass er die Fundamente der Kapelle untergraben und dadurch dieselbe zum Einsturz bringen sollte. Gleich gings an die schwere Arbeit.

Ein mächtiger Stein auf Alp Oberbauen wurde auf die Schulter einer alten Hexe geladen, die mit schwerer Last bergab wankte. An einer Stelle beim Köpfitürli hinderte eine steil abfallende Felswand den Transport des Steines.

 

Aber in einem kühnen, mächtigen Sprunge setzte die Hexe den Weg weiter fort und kam mit ihrer Last 200 Meter tiefer glücklich zu Boden, gerade auf einem flachen, platten Stein. Mehrere Zoll tief drückten sich die Hexenfüsse in diesen Stein.

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Kein Emmetterbub geht an dieser Stelle vorbei, ohne den kühnen Hexensprung zu bewundern und mit seinen eigenen Füssen die Fusstritte der alten Hexe zu bemessen und zu vergleichen.

 

Von da gings unbehindert weiter mit dem mächtigen Felsblock auf der zähen Schulter der Alten dem Bache und dem Kohltale entlang, bis zur Stelle, wo er heute noch liegt. Denn mittlerweilen war es Abend geworden und gar friedlich tönte von der Heiligkreuz-Kapelle das Ave-Glöcklein vom Tale herauf. 

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Beim Klange dieses Glöckleins schwand der Hexe die Zauberkraft und sie wurde von der Schwere der Last zu Boden und in den Boden hineingedrückt, wo sie noch heute unter dem gewaltigen Stein gebannt liegt.

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